Bremen, 27.08.2024 (fs) – In einem signifikanten juristischen Konflikt hat der italienische Staatsrat, das höchste Verwaltungsgericht des Landes, ein Urteil gefällt. Es betrifft die Billigfluggesellschaft Ryanair und die italienischen Regulierungsbehörden. Das Gericht entschied, dass die Airline keine zusätzlichen Kosten für Sitzplätze neben Kindern unter zwölf Jahren oder Personen mit Behinderungen verlangen darf. Dieses Urteil ist ein bedeutsamer Präzedenzfall im Sektor der Fluggastrechte. Es stellt einen weiteren Dämpfer für die kontrovers diskutierte Preispolitik von Ryanair dar.
Der Disput zwischen Ryanair und der italienischen Zivilluftfahrtbehörde, bekannt als ENAC, besteht schon seit einiger Zeit. Genauer gesagt seit dem Jahr 2021. Damals verboten die italienischen Behörden den Fluggesellschaften, zusätzliche Gebühren für Sitze zu fordern. Diese Sitze sollten für die Begleitung von Minderjährigen oder Menschen mit speziellen Bedürfnissen reserviert sein. Die Maßnahme zielte darauf ab, die Reisenden zu schützen und ihre Sicherheit zu gewährleisten.
Ryanair, bekannt dafür, für die Sitzplatzauswahl zusätzliche Kosten zu berechnen, lehnte die Entscheidung der ENAC ab. Die Airline argumentierte, dass die Gebühren notwendig seien, um die gestiegenen Aufwendungen für die Verwaltung und Zuweisung der Sitzplätze zu decken. Zudem betonte Ryanair, dass für Kinder unter zwölf Jahren, die in Begleitung eines Erwachsenen fliegen, keine Gebühren anfallen würden.
Der Staatsrat entscheidet
In einer kürzlich getroffenen Entscheidung hat der Staatsrat zugunsten der ENAC geurteilt und die Berufung von Ryanair zurückgewiesen. Die Begründung des Gerichts stützte sich auf die Notwendigkeit, dass Sitzplätze von Minderjährigen und ihren Begleitpersonen nahe beieinander liegen müssen, um die Sicherheit zu gewährleisten. Der Staatsrat betonte, dass es unangemessen wäre, für eine solche Sicherheitsmaßnahme, die dem Schutz von Kindern und Menschen mit Behinderungen dient, zusätzliche Gebühren zu verlangen. Es sei die Pflicht der Fluggesellschaft, ohne zusätzliche Kosten für die Sicherheit aller Passagiere zu sorgen.
Sieg für die Rechte von Fluggästen
Die Reaktion von Ryanair auf das Urteil war eine von Enttäuschung. Die Fluggesellschaft bezeichnete das Urteil als unzureichend und äußerte, dass es keine signifikante Änderung ihrer Geschäftspraktiken nach sich ziehen würde. Ein Vertreter von Ryanair äußerte Bedenken, dass die Entscheidung der italienischen Behörden die kommerzielle Freiheit der Fluggesellschaft einschränke und nicht im besten Interesse der Passagiere sei.
Auf der anderen Seite begrüßten die italienischen Behörden das Urteil als einen Triumph für die Rechte der Fluggäste. Pierluigi Di Palma, der Präsident der ENAC, kritisierte das profitgetriebene Verhalten von Ryanair und betonte, dass die Rechte der Passagiere nicht ausreichend geschützt seien. Er verurteilte die Geschäftspraktiken von Ryanair und merkte an, dass diese nicht mit den geltenden Sicherheitsvorschriften übereinstimmen würden.
Internationale Entwicklung
Die Thematik zusätzlicher Kosten für Familien, die mit jüngeren Kindern reisen, ist ein internationales Anliegen. Nicht nur in Italien, sondern auch in den Vereinigten Staaten werden Maßnahmen erörtert, um ähnliche Gebühren einzuführen. Vor Kurzem hat das US-Verkehrsministerium einen Entwurf für eine Gesetzgebung präsentiert. Ziel ist es, zusätzliche Kosten für Familien mit Kindern unter 14 Jahren zu unterbinden. Der Entwurf sieht vor, dass Fluggesellschaften dazu verpflichtet werden sollen, Familien zusammenhängende Sitzplätze zuzuweisen. Dabei sind auch Sitzplätze am Gangende oder in unmittelbarer Nähe zu einem Elternteil als angemessen zu betrachten.
Der US-Verkehrsminister Pete Buttigieg erläuterte, dass der Vorschlag darauf abzielt, die Komplexität des Fliegens mit Kindern zu reduzieren. Dieser Schritt unterstreicht die zunehmende Erkenntnis, dass Reisende mit speziellen Anforderungen, insbesondere Familien mit jungen Kindern, eines erhöhten Schutzes und besonderer Berücksichtigung bedürfen. Die Initiative spiegelt das Bestreben wider, die Reiseerfahrung für alle Beteiligten zu verbessern und die Belastungen, die Familien auf Reisen erfahren können, zu minimieren. Es ist ein Zeichen des Fortschritts in der Luftfahrtindustrie, die Bedürfnisse ihrer Passagiere ernst zu nehmen und entsprechend zu handeln. Der Gesetzesvorschlag ist ein wichtiger Schritt in Richtung einer familienfreundlicheren Reisepolitik und könnte, sofern er angenommen wird, eine signifikante Veränderung für reisende Familien darstellen.
Titelbild: Matbed, Ryanair B738, CC BY-SA 4.0