Bremen, 09.09.2024 (fs) – Die Paralympischen Spiele, die im Herzen von Paris stattfanden, haben in beeindruckender Weise gezeigt, was sportliche Exzellenz bedeutet. Mit voll besetzten Tribünen und einem deutschen Team, das sowohl sportlich als auch teamgeistig überzeugte, haben diese Spiele neue Standards gesetzt. Sie sollen nicht nur ein einmaliges Ereignis sein, sondern auch langfristige positive Effekte haben. Dieses Ereignis markierte einen erwarteten Meilenstein für die Paralympische Bewegung, der an die Begeisterung der Spiele von London 2012 erinnerte.
Das deutsche Paralympics-Team hat den negativen Trend der letzten Spiele umgekehrt. Es zeigte sich sowohl in der Größe des Teams als auch in der Anzahl der gewonnenen Medaillen. Mit 143 Athletinnen und Athleten sowie fünf Begleitpersonen errang das Team insgesamt 49 Medaillen. Zusätzlich erreichten sie 63 Platzierungen zwischen den Rängen vier und acht, einschließlich 13 vierter Plätze. Im Vergleich zu den Spielen in Tokio ist dies eine Steigerung um sechs Medaillen und sechs Platzierungen. Besonders bemerkenswert ist die Tatsache, dass sich die Medaillen auf 13 verschiedene Sportarten verteilen, während es drei Jahre zuvor nur acht waren.
Dr. Karl Quade, der das deutsche Team bereits zum fünfzehnten Mal als Chef de Mission leitete, betonte die positive Entwicklung in der zweiten Hälfte der Spiele. Er äußerte seine Zufriedenheit mit den Ergebnissen und hob hervor, dass das Team in fast allen Sportarten, mit Ausnahme der Para Leichtathletik und des Para Radsports, bessere Ergebnisse als in Tokio erzielte. Dr. Quade betonte weiterhin, dass man sich auf diesen Erfolgen nicht ausruhen werde. Vielmehr sollen die Ergebnisse als Motivation dienen, sich noch besser aufzustellen und die Professionalität zu steigern. Er äußerte die Hoffnung, dass die Spiele dem Team einen zusätzlichen Schub geben werden.
Para Schwimmer*innen waren in Paris stärkster Mannschaftsteil
Bei den diesjährigen Paralympics zeigte sich die deutsche Para-Schwimm-Mannschaft von ihrer stärksten Seite. In der von Begeisterung erfüllten La Défense-Arena erreichten die Athletinnen und Athleten unter Leitung von Bundestrainerin Ute Schinkitz herausragende Leistungen. Mit vier Goldmedaillen und jeweils drei Silber- und Bronzemedaillen trugen die Schwimmerinnen und Schwimmer maßgeblich zum Medaillenspiegel Deutschlands bei. Dies entspricht einem beachtlichen Anteil von über zwanzig Prozent. Zudem setzten Elena Semechin und Taliso Engel mit zwei Weltrekorden ein starkes Zeichen ihrer Überlegenheit.
Erstmals erkämpften sich Tanja Scholz und Josia Topf den Titel als Paralympics-Sieger. Als erfolgreichste Einzelkämpferin erwies sich Natascha Hiltrop im Para-Schießsport, die zwei Goldmedaillen errang, eine davon sogar mit einem paralympischen Rekord. Maike Hausberger im Para-Radsport, Sandra Mikolaschek im Para-Tischtennis und Maurice Schmidt im Rollstuhlfechten feierten überraschende Siege. Schmidt wird zudem an der Seite von Elena Semechin die deutsche Flagge bei der Schlusszeremonie im Stade de France tragen. Für diese Athleten war es das erste Gold bei den Paralympics. Markus Rehm hingegen sicherte sich bereits seinen fünften Paralympics-Titel. Seit 2012 gewann er im Weitsprung viermal in Folge Gold.
Das Fahnenträger-Duo der Eröffnungsfeier, bestehend aus Para-Kanutin Edina Müller und Para-Triathlet Martin Schulz, die in Tokio beide Gold holten, zeigte gemeinsam mit Para-Leichtathletin Irmgard Bensusan die emotionale Bedeutung einer Bronzemedaille. Thomas Wandschneider, der älteste männliche deutsche Teilnehmer, freute sich über die erste Medaille im Para-Badminton für Deutschland. Heidemarie Dresing, die älteste Athletin des Teams, errang im Para-Dressurreiten ebenfalls Bronze. Insgesamt erzielte das deutsche Team dreimal Silber und dreimal Bronze.
Para Leichtathletik und Para Radsport 2024 nicht so häufig auf dem Podium vertreten
Bei den jüngsten Paralympischen Spielen zeigten die deutschen Para-Leichtathleten und Para-Radsportler erneut ihre Stärke, auch wenn sie diesmal weniger Podiumsplätze erreichten. Markus Rehm sicherte sich eine Goldmedaille, und weitere Athleten in der Leichtathletik errangen drei Silber- und vier Bronzemedaillen. Im Para-Radsport ergänzte Maike Hausberger ihren Paralympics-Sieg um eine Silber- und fünf Bronzemedaillen. Léon Schäfer und Pierre Senska mussten sich jeweils zweimal mit dem vierten Platz zufriedengeben.
Johannes Floors, der Favorit auf Gold, erreichte auf der 400-Meter-Strecke den zweiten Platz und blieb damit hinter seinen eigenen Erwartungen zurück, ebenso wie Kugelstoß-Weltrekordhalter Niko Kappel. Friedhelm Julius Beucher, Präsident des Deutschen Behindertensportverbandes, äußerte sich zu den Ergebnissen: „Die Zeiten der Dauersiege sind vorbei. Selbstverständlichkeiten im Sport sind immer eine Herausforderung. Dies ist auch der weltweiten Leistungssteigerung im Behindertensport geschuldet. Diese Entwicklung ist positiv für den Para-Sport und die Anerkennung von Menschen mit Behinderungen.“
In Deutschland geht die Entwicklung weiter. In Paris feierten 57 Athleten ihr Debüt bei den Paralympics, sechs davon gewannen Medaillen, darunter das Mixed-Doppel im Para-Rudern. Viele beeindruckten mit persönlichen Bestleistungen zum richtigen Zeitpunkt. Karl Quade, der Vizepräsident des DBS, kommentierte: „Wir freuen uns sehr darüber, denn es zeigt, dass die Pläne der Trainer und Athleten größtenteils aufgegangen sind.“
Bei einem so großen Team und in 18 Sportarten erlebt man neben positiven Überraschungen auch Enttäuschungen. Die Spitzenbreite wird größer, und es gewinnen nicht mehr nur einzelne Athleten.
Überraschungen und Niederlagen
Das Team D der Paralympics konnte sich über den Gewinn der Bronzemedaille in einer Mannschaftssportart freuen. Es war die erste Medaille dieser Art seit dem Jahr 2016. Besonders bemerkenswert war der Erfolg für die Herren der Rollstuhlbasketballmannschaft, die nach 32 Jahren wieder Edelmetall errangen. Thomas Böhme, der Top-Scorer, äußerte sich überwältigt: „Nach vier Anläufen hat es endlich geklappt. Das Spiel nach der Pause war hervorragend, und die Emotionen sind immer noch spürbar. Als wir die Führung übernahmen, waren wir uns sicher, dass wir siegen würden. Es war eine fantastische Reise.“ Trotz eines starken Turniers verfehlten die Sitzvolleyballer nur knapp eine Medaille. Die Damen im Rollstuhlbasketball erreichten den sechsten Platz. Nach einer 16-jährigen Pause kehrte das deutsche Rollstuhlrugby-Team zu den Paralympics zurück. Ohne Sieg, aber mit großer Kampfkraft und beeindruckenden Leistungen gegen die Favoriten, präsentierten sie sich und ihre Sportart spektakulär.
Die Para-Kanutinnen steigerten zum Abschluss das deutsche Medaillenkonto mit drei Bronzemedaillen auf insgesamt 49 – darunter zehn goldene, 14 silberne und 25 bronzene Medaillen. International gesehen bleibt China führend mit insgesamt 220 Medaillen, einschließlich 94 goldenen. Großbritannien und die USA folgen mit deutlichem Abstand, vor den Niederlanden und Brasilien. Frankreich, der Gastgeber, beendete die Spiele auf dem achten Platz, während Deutschland den elften Platz belegte.
Was bleibt noch von den Paralympics in Paris?
Im Paralympischen Dorf herrschte eine Atmosphäre der Freude, frei von Masken und Einschränkungen durch Corona. Die Organisation war vorbildlich, und die Stimmung in den beeindruckenden Sportstätten war dank der über 2,5 Millionen Zuschauerinnen hervorragend. „Das Rollstuhlfechten im Grand Palais, der Para Dressursport am Schloss Versailles, der Zieleinlauf des Para Triathlons auf der Pont Alexandre III oder der Blindenfußball direkt am Eiffelturm – eine bessere Kulisse ist kaum vorstellbar. Die Begeisterung und faire Anerkennung des Publikums für die Leistungen der weltbesten Para Sportlerinnen waren außergewöhnlich“, so DBS-Präsident Beucher.
Er betonte auch die Wichtigkeit dieses drittgrößten Sportereignisses der Welt: „In diesen unruhigen Zeiten treffen Menschen unterschiedlicher Hautfarbe, Herkunft und mit verschiedensten Behinderungen in Freundschaft aufeinander, um sich im Wettkampf zu messen. Dieses Signal der Einheit senden wir aus der Stadt der Liebe in die ganze Welt.“
Während der Eröffnungszeremonie auf der Place de la Concorde, dem historischen Zentrum der französischen Revolution vor 225 Jahren, riefen IPC-Präsident Andrew Parsons und Tony Estanguet, Präsident des Organisationskomitees der Olympischen und Paralympischen Spiele, zur Inklusionsrevolution auf. „Auch Deutschland benötigt diesen Weckruf und ein deutliches Engagement für den Sport von Menschen mit Behinderungen“, erklärte Beucher.
„Wir appellieren seit Langem an die Vereine, sich für Menschen mit Behinderungen zu öffnen, fordern mehr qualifizierte Übungsleiter*innen, den Abbau von Barrieren in Sportstätten und dass der Wunsch, Sport zu treiben, nicht an mangelnden Hilfsmitteln oder fehlenden Angeboten scheitern darf. Andernfalls werden Menschen mit Behinderungen weiterhin vom Sport ausgeschlossen, was echte Teilhabe verhindert.“ Beucher sieht dies als eine gesellschaftliche Aufgabe. „Ich hoffe, dass die Diskussionen hierüber an Dynamik gewinnen, insbesondere nach den inspirierenden Spielen.“
Inklusive Bundespräsident, Wohnzimmerkonzert von Clueso und „Kloppo“
Die Paralympischen Spiele in Paris zogen große Aufmerksamkeit auf sich. Dies lag nicht nur an den herausragenden Leistungen der 4400 Athletinnen und Athleten aus 169 Nationen, sondern auch an der Begeisterung des Publikums. Ehrengäste trugen ebenfalls zur Atmosphäre bei. Unter ihnen befanden sich Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier mit Gattin Elke Büdenbender sowie Bundesinnenministerin Nancy Faeser und Bundesaußenministerin Annalena Baerbock. Ein besonderes Highlight war das Wohnzimmerkonzert von Clueso im Deutschen Haus, welches auch von der Trainerlegende Jürgen Klopp besucht wurde. Klopp äußerte sich sehr positiv über die Veranstaltung und betonte die Bedeutung der gezeigten Leistungen. Er sprach sich dafür aus, dass diese mehr Beachtung finden sollten.
Die Spiele waren ein Fest der Farben, Freude und des Gemeinschaftsgefühls. Sie markierten einen erhofften Wendepunkt für die Paralympische Bewegung. Dieser Wendepunkt soll in Deutschland einen neuen Anstoß geben. Er soll den paralympischen Leistungssport voranbringen sowie den Sport für Menschen mit Behinderungen insgesamt fördern. Die Paralympics zeigten, dass Sport eine universelle Sprache spricht und Brücken bauen kann. Sie verdeutlichten, dass Inklusion und Leistung Hand in Hand gehen können. Die Veranstaltung war ein leuchtendes Beispiel dafür, wie sportliche Exzellenz und menschlicher Geist sich gegenseitig verstärken. Sie war ein Beweis dafür, dass Grenzen überwunden und neue Standards gesetzt werden können. Die Paralympics in Paris werden als ein historisches Ereignis in Erinnerung bleiben, das die Welt inspiriert und den Weg für zukünftige Generationen ebnet.