Bremen, 15.11.2024 (fs) – Anlässlich des 30. Jahrestags des besonderen Benachteiligungsverbots in Art. 3 Abs. 3 Satz 2 Grundgesetz haben sich die Behindertenbeauftragten von Bund und Ländern in Bremen am 14. und 15. November 2024 mit den rechtlichen Vorgaben des Grundgesetzes befasst.
Die Verfassung gewährleistet allen Menschen jene Rechte, die für eine umfassende Teilhabe am gesellschaftlichen Leben nötig sind. Dennoch werden Menschen mit Behinderungen weiterhin strukturell benachteiligt. Tiefsitzende Vorurteile der Gesellschaft gegenüber Menschen mit Behinderungen bestehen fort. Der konsequente Wandel hin zu einer gleichberechtigten Teilhabe wird dadurch verhindert.
Arne Frankenstein, Landesbehindertenbeauftragter der Freien Hansestadt Bremen, Gastgeber und Sprecher der Konferenz der Beauftragten von Bund und Ländern für die Belange von Menschen mit Behinderungen (KBB): „Die Verfassung enthält einen Auftrag hin zu einer inklusiven Gesellschaft. Deutschland kommt diesem Auftrag gegenwärtig nicht hinreichend nach.“
Immer noch viele Sonderstrukturen
Nach wie vor bestehen für Menschen mit Behinderungen viele Sonderstrukturen. Kinder mit Behinderungen gehen beispielsweise oft auf Förderschulen. Später arbeiten sie in Werkstätten für behinderte Menschen. Bestehende Ausgrenzungen werden damit fortgesetzt.
Deshalb erklärt Arne Frankenstein: „Insbesondere beim Abbau benachteiligender Sonderstrukturen verdichten sich die Vorgaben der Verfassung zu einem Handlungsauftrag. Wir appellieren daher heute sehr eindringlich, dass Deutschland insbesondere den Abbau von Sonderstrukturen als politischen Schwerpunkt verfolgt. Hierfür müssen die erforderlichen Haushaltsmittel bereitgestellt werden.“
Jürgen Dusel, Beauftragter der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen: „Die strukturelle Benachteiligung zeigt sich auch daran, dass notwendige inklusionspolitische Vorhaben von politisch Verantwortlichen oft auf die lange Bank geschoben werden. Das gilt auch für diese Legislaturperiode. Damit wird Politik unglaubwürdig und verspielt Vertrauen.“
Vor dem Hintergrund der aktuellen bundespolitischen Entwicklungen fordern die Beauftragten von der neuen Bundesregierung und dem Parlament, dass die inklusionspolitischen Vorhaben aus der 20. Legislaturperiode des Deutschen Bundestages besonders prioritär umgesetzt werden. Dazu gehören das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG), das Behindertengleichstellungsgesetz (BGG), das Gesetz zur Ausgestaltung der inklusiven Kinder- und Jugendhilfe (IKJHG) sowie die Reform des Werkstattrechts.
Um die Transformation mit Nachdruck und im Sinne des verfassungs- und menschenrechtlichen Auftrags zu gestalten, hat die Konferenz konkrete Forderungen an Bund, Länder und Kommunen adressiert. Diese Forderungen sind im „Bremer Appell“, der zum Abschluss der Konferenz verabschiedet wurde, zusammengefasst.
Der Bremer Appell
Den Bremer Appell in Leichter Sprache findest Du hier.