Bremen, 14.09.2024 (fs) – Die neuesten Erkenntnisse aus einer gemeinsamen österreichisch-schweizerischen Multicenterstudie deuten möglicherweise auf einen bedeutenden Durchbruch in der Therapie der Multiplen Sklerose hin. Diese Ergebnisse könnten die Behandlungsweisen von MS maßgeblich verändern und neue Wege in der medizinischen Forschung eröffnen. Die Studie markiert einen wichtigen Meilenstein im kontinuierlichen Bestreben, das Leben von MS-Patienten zu verbessern. Diese chronisch entzündliche Erkrankung des Zentralnervensystems stellt seit Langem eine Herausforderung für Mediziner dar.
In einer kollaborativen Studie der Medizinischen Universitäten Innsbruck und Wien sowie des Inselspitals Bern wurde festgestellt, dass mehrere Läsionen im Gehirn, die innerhalb eines Jahres durch MRT erkennbar sind, auf die Notwendigkeit einer verstärkten Behandlung hinweisen könnten. Diese Erkenntnis könnte für die medizinische Praxis von Bedeutung sein, da sie die Entscheidungsfindung für eine intensivere Therapie unterstützt. Die Forschungsergebnisse unterstreichen die Wichtigkeit der MRT-Diagnostik bei der Früherkennung von Gehirnveränderungen. Diese Erkenntnis bietet erstmals klare, evidenzbasierte Richtlinien für die Anpassung der Behandlungsstrategien.
In jüngster Zeit hat die medizinische Forschung diverse Behandlungsmethoden vorangebracht. Ihr Ziel ist es, die Progression der Multiplen Sklerose (MS) zu verlangsamen. Zudem sollen sie das Wohlbefinden der Patienten steigern. Diese Methoden fokussieren sich darauf, entzündliche Prozesse im Organismus zu minimieren. Dadurch lassen sich sowohl die Symptome als auch die Rate der Schübe reduzieren. Dadurch wird das Risiko einer dauerhaften Behinderung minimiert.
Die klinischen Symptome variieren stark und umfassen Sehstörungen sowie motorische Einschränkungen. Mittels Magnetresonanztomographie (MRT) lässt sich die Aktivität der Erkrankung präzise abbilden. Harald Hegen (Titelbild), ein versierter Neuroimmunologe der Universitätsklinik Innsbruck, weist darauf hin, dass die MRT selbst feine Entzündungsvorgänge sichtbar machen kann, die sich klinisch nicht zeigen. So ist es möglich, dass Patienten ohne sichtbare Symptome dennoch neue entzündliche Prozesse im Gehirn aufweisen. Dies kann auch während einer laufenden Behandlung der Fall sein. Solche Befunde betonen die Wichtigkeit regelmäßiger Kontrollen. Sie können eine Anpassung der Therapie erforderlich machen, um die Erkrankung optimal zu managen.
Eine aktuelle retrospektive Studie, geleitet von den neurologischen Universitätskliniken Innsbruck, Wien und Bern, hat bedeutende Ergebnisse zur Anpassung der MS-Therapie auf Basis von MRT-Diagnostik geliefert. Das renommierte medizinische Journal „Neurology“ der American Academy of Neurology hat über diese Erkenntnisse berichtet. Die Studie umfasste 131 MS-Patienten aus Zentren in Österreich und der Schweiz, die unter einer gering- bis moderat-effektiven Immuntherapie standen und über zwölf Monate klinisch stabil blieben.
In Studienkohorte waren etwa 40 Prozent der Patienten klinisch stabil
Magnetresonanztomographie-Untersuchungen offenbarten, dass ein Therapiewechsel zu einer hochwirksamen Immunbehandlung für Patienten mit schubförmiger Multipler Sklerose vorteilhaft ist. Dies gilt auch dann, wenn sie klinisch stabil erscheinen und keine Symptome zeigen, aber zwei oder mehr neue entzündliche Läsionen aufweisen. Gabriel Bsteh von der Medizinischen Universität Wien betont die Wichtigkeit dieser Erkenntnisse. Sie sollten in der klinischen Praxis berücksichtigt werden, um Therapien individuell anzupassen. Diese Forschungsergebnisse tragen wesentlich zur Optimierung der Behandlungsstrategien bei.
Studienleiter Harald Hegen hebt hervor, dass Läsionen oft bereits vor dem Auftreten klinischer Symptome in der MRT sichtbar sind. Dies ermöglicht es, bei Patienten mit einer gering- bis moderat-effektiven Therapie frühzeitig in den Krankheitsverlauf einzugreifen. In der Studienkohorte waren etwa 40 Prozent der Patienten klinisch stabil, wiesen jedoch bereits eine oder mehrere Läsionen in der MRT auf. Bisher war eine Intensivierung der Therapie in der klinischen Praxis erst nach dem Auftreten klinisch manifester Symptome üblich. Diese Studie könnte nun zu einer Änderung dieser Praxis führen und ermöglicht eine präzisere, patientenorientierte Behandlung.
Ein Meilenstein
Die vorliegende Multicenterstudie, die zukünftig in die Therapie-Leitlinien einfließen wird, markiert einen Meilenstein. Sie ist das Ergebnis einer langjährigen, fortschreitenden Zusammenarbeit zwischen MS-Zentren in Österreich und der Schweiz. Diese Kooperation hat eine umfangreiche Datenbank mit über 8.000 MS-Patientendaten hervorgebracht. Derartige multizentrische Kooperationen schaffen die erforderliche Grundlage. Sie ermöglichen eine ausreichende Anzahl an Fällen und eine hohe Datenqualität. Diese sind für zahlreiche weitere Projekte unerlässlich. Ziel ist es, die Versorgung von MS-Patienten zu verbessern. Dies betont der Neurologe Gabriel Bsteh.
Multiple Sklerose stellt eine chronische Entzündung des zentralen Nervensystems dar. Sie ist die vorherrschende neurologische Erkrankung bei jungen Erwachsenen. Sie führt oft zu dauerhaften Behinderungen. Die Krankheit verursacht entzündliche Veränderungen im Gehirn und Rückenmark. Daraus resultieren Lähmungen und Sensibilitätsdefizite. Auch Gleichgewichts- und Sehstörungen treten auf. Gehbehinderungen sowie kognitive Einschränkungen können ebenfalls Folgen der Erkrankung sein. Diese Symptome beeinträchtigen die Lebensqualität der Betroffenen erheblich. Sie erfordern eine sorgfältige und angepasste medizinische Betreuung.
Orginalpublikation
Die Orginalpublikation finden Sie hier: https://www.neurology.org/doi/10.1212/WNL.0000000000209752
Titelbild: Der Neuroimmunologe Harald Hegen / Foto: © MUI/Vandory