Bremen, 27.08.2024 (fs) – In Paris finden die Paralympischen Spiele statt, ein Ereignis, das Athletinnen und Athleten aus aller Welt in 23 Disziplinen zusammenbringt. Ottobock, mit Unterstützung des Internationalen Paralympischen Komitees, hebt eine symbolische Disziplin hervor. Diese stellt die alltäglichen Herausforderungen dar, mit denen Menschen mit Behinderungen konfrontiert sind. Die „Inoffizielle Disziplin“ umfasst die täglichen „Wettkämpfe“ im Leben: den Umgang mit defekten Aufzügen, das Fehlen von Rampen, das Navigieren über Treppen und Kopfsteinpflaster, das Passieren schmaler Türen und das Überwinden von Vorurteilen. Diese Hindernisse sind oft unsichtbar, obwohl weltweit mehr als eine Milliarde Menschen mit einer Form von Behinderung leben, was etwa 16 Prozent der globalen Bevölkerung ausmacht.
Martin Böhm, Chief Experience Officer bei Ottobock, beschreibt die inoffizielle Disziplin als die Summe der Hindernisse, die täglich von Menschen mit Behinderung überwunden werden müssen. Während Paralympioniken im Stadion um Medaillen wetteifern, außergewöhnliche Leistungen zeigen und Weltrekorde aufstellen, kämpfen sie auch gegen unsichtbare Barrieren und Vorurteile. Böhm betont die Bedeutung des Bewusstseins für diese Schwierigkeiten, die Förderung des Dialogs und das Anstoßen von Veränderungen. Barrieren können auf vielfältige Weise abgebaut werden, und jeder Beitrag zählt. Der wahre Erfolg zeigt sich, wenn alle Teilnehmer die Möglichkeit haben, die Ziellinie zu erreichen.
Barrieren werden sichtbar gemacht
Im Rahmen der Paralympischen Spiele in Paris lanciert Ottobock in Kooperation mit der Kreativagentur PRESENCE die Kampagne „Unofficial Discipline“. Diese wird durch eine Vielzahl von Medien wie Plakate, Poster und Videoprojektionen an öffentlichen Orten ins Rampenlicht gerückt. Mit einprägsamen Slogans wie „Can we break the record for breaking barriers?“ oder „You can’t rise to the top in a broken elevator“ wird die Aufmerksamkeit auf das Thema Barrierefreiheit gelenkt. Ergänzt werden diese Botschaften durch eine Subline und einen QR-Code, der Interessierte dazu einlädt, mehr über die Ziele der Kampagne zu erfahren. Die Platzierung der Botschaften erfolgt bewusst an Orten, die schwer zugänglich sind, wie beispielsweise Treppen, sowie an stark frequentierten Stellen wie Metrostationen und Touristenattraktionen.
Zusätzlich verleihen über 20 paralympische Athleten und 50 Markenbotschafter von Ottobock der Kampagne Leben, indem sie die „Unofficial Discipline“ in die digitale Sphäre tragen. Unter dem Hashtag #UnofficialDiscipline teilen sie auf Plattformen wie Instagram und TikTok ihre täglichen Herausforderungen. Sie motivieren ihre Follower, eigene Erfahrungen auszutauschen und zu teilen, wodurch eine Bewegung auf Social Media entsteht.
Martin Böhm, ein Sprecher von Ottobock, betont: „Unser Ziel ist, die Barrieren im Alltag von Menschen mit Behinderungen für alle sichtbar zu machen.“ Er fügt hinzu: „Paris ist dabei nur der Anfang. Die Kampagne wird bald auf andere Städte in Europa und den USA ausgeweitet. Wir sind uns bewusst, dass unsere Mission, Barrieren abzubauen, kein Sprint ist, sondern ein Marathon.“
#UnofficialDiscipline
Para-AthletInnen, die in Paris um Medaillen wetteifern, zeigen im Stadion eine beeindruckende Entschlossenheit. Doch abseits der Wettkampfarena begegnen sie, wie alle Menschen mit Behinderungen, alltäglichen Barrieren. Verschiedene AthletInnen teilen ihre Erfahrungen mit diesen täglichen Herausforderungen.
Davide Morana
Davide Morana, ein herausragender Para-Athlet aus Italien, hat sich in der Welt des Sprints einen Namen gemacht. Seine Leistungen sind umso bemerkenswerter, als er eine seltene Meningitisform überwinden musste. Diese Krankheit führte zur Amputation beider Beine und Arme. Trotz dieser Herausforderungen meistert Morana seinen Alltag mit bemerkenswerter Anpassungsfähigkeit. Er plant jede Tätigkeit sorgfältig und findet kreative Lösungen für alltägliche Probleme. So nutzt er beispielsweise seine Nase, um Touchscreens zu bedienen, wenn diese für ihn schwer zu handhaben sind. Seine Entschlossenheit und sein Einfallsreichtum inspirieren viele Menschen weltweit.
Samantha Kinghorn
Samantha Kinghorn, eine herausragende britische Rollstuhlrennfahrerin, hat bei den Paralympischen Spielen 2016 und 2020 Gold gewonnen. Ihre sportlichen Triumphe stehen jedoch im Kontrast zu den Herausforderungen des Reisens. Besonders Zugfahrten stellen ein Hindernis dar. Ohne Unterstützung ist das Ein- und Aussteigen nicht möglich. Die Abhängigkeit von der Bereitstellung einer Rampe ist eine ständige Notwendigkeit. Das Vertrauen in öffentliche Verkehrssysteme bleibt eine unerreichte Hoffnung. Diese Situation beleuchtet die fortwährenden Mobilitätseinschränkungen, denen sich Menschen mit Behinderungen gegenübersehen.
Ezra Frech
Ezra Frech, der US-amerikanische Weltrekordhalter im Para-Hochsprung, sieht sich täglich Herausforderungen gegenüber. Schon im Badezimmer beginnt für ihn eine inoffizielle Übung. Infolge einer angeborenen Fehlbildung musste sein linkes Bein im Kindesalter amputiert werden. Die Schwierigkeiten, die sich daraus ergeben: Das Hüpfen auf einem Bein kann im Bad oder unter der Dusche riskant sein. Es besteht die Gefahr, auf dem nassen Untergrund auszurutschen und zu fallen. Diese Worte verdeutlichen die alltäglichen Risiken, denen sich Frech stellen muss. Seine Erfahrungen zeigen, dass Beharrlichkeit und Mut notwendig sind, um solche Hindernisse zu überwinden.
Léon Schäfer
Der deutsche Para-Leichtathlet Léon Schäfer hat sich trotz persönlicher Rückschläge an die Weltspitze gekämpft. Nachdem er 2010 aufgrund einer Krebserkrankung sein Bein verlor, fand er durch die Inspiration eines Paralympioniken während seiner Rehabilitation den Weg in den Leistungssport. Heute ist er Träger mehrerer Welt- und Europameistertitel. Schäfer sieht sich jedoch im Alltag mit Herausforderungen konfrontiert. So beschreibt er den Prozess, als Amputierter einen Führerschein zu erlangen, als besonders mühsam und bürokratisch. Trotz dieser Hürden bleibt er ein Vorbild für Entschlossenheit und Erfolg.
Desirée Vila Bargiela
Desirée Vila Bargiela, die spanische Paralympionikin, zählt weltweit zu den Top-Fünf im Weitsprung. Ihre Reisen zu Wettkämpfen erfordern umfangreiche Planung. Sie steht vor Herausforderungen, die ihre Konzentration beeinträchtigen können. Unsicherheiten bezüglich der Barrierefreiheit sind ständige Begleiter. Sie fragt sich, ob Aufzüge funktionstüchtig sind und ob Hotel-Duschen prothesenfreundlich gestaltet sind. Für all diese Aktivitäten benötigt sie zusätzliche Energie.
Alessandro Ossola
Alessandro Ossola, der herausragende italienische Para-Athlet, hat sich auf Sprintdisziplinen, insbesondere den 100-Meter-Lauf, spezialisiert. Seine Reise von einem lebensverändernden Unfall hin zu sportlichen Erfolgen ist eine Quelle der Inspiration. Trotz vieler überwundener Hindernisse bestehen Bedenken hinsichtlich zukünftiger Herausforderungen. Mit der Prothese ist vieles möglich. Die Frage bleibt, welche Unterstützung das Gesundheitssystem in der Zukunft bieten wird.
Diesen Wettkampf sollte es nicht geben
Die Disziplin, die wir hier betrachten, ist zwar nicht offiziell anerkannt, doch ihre Existenz ist unbestreitbar. Sie misst sich nicht an Medaillen oder Bestzeiten, sondern an den Herausforderungen des alltäglichen Lebens. Dieser Wettstreit entfaltet sich auf den Straßen, in den U-Bahnen, Büros und Cafés rund um den Globus.
„Die ‚Unofficial Discipline‘ ist mehr als nur eine symbolische Geste. Sie ist ein Aufruf zur Veränderung, ein Weckruf für eine inklusivere Welt. Damit Menschen mit einer Behinderung ihr Leben so leben können, wie sie es möchten“, erklärt Martin Böhm. „In dieser Disziplin können wir nur gewinnen, wenn wir sie gemeinsam abschaffen.“
Titelbild: Die inoffizielle Disziplin macht auf Barrieren im Alltag aufmerksam. / Foto: © Ottobock