Vor einem Jahrzehnt wurde das Aegidius-Haus in Hannover mit der Vision ins Leben gerufen, ein Vorzeigeprojekt zu sein. Sein Ziel war es, Eltern zu unterstützen, die sich um ihre schwerstkranken Kinder kümmern. Heute steht das Projekt an einem Wendepunkt, da die staatliche Finanzierung ausläuft. Der NDR hat darüber berichtet, doch die Zukunft des Hauses bleibt ungewiss. Es steht die Frage im Raum, ob das Projekt fortgeführt werden kann oder ob es zum Stillstand kommt.
Bremen, 30.08.2024 (fs) – Zunächst schienen es bloße Spekulationen, doch bald wurde die Realität klar: Mit dem Ende des Septembers endet auch die staatliche Unterstützung für das Aegidius-Haus. Das Aegidius-Haus sollte als Leuchtturmprojekt Entlastung für pflegende Eltern behinderter Kinder bieten. Die Belastung dieser Eltern ist enorm, nicht zuletzt wegen des Mangels an Kinderpflegediensten. Als das Haus vor zehn Jahren in Hannover eröffnete, galt es als vorbildliches Modell. Damals gab es in Niedersachsen keine vergleichbare Unterstützung. Heute existiert immerhin eine weitere Einrichtung bei Oldenburg. Trotzdem bleibt der Bedarf an Kurzzeitpflege hoch. Laut becura e.V. sind etwa 4.500 Familien in Niedersachsen betroffen.
Das Aegidius-Haus leistet einen wesentlichen Beitrag zur Betreuung von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen. Es bietet jährlich für etwa 400 Betroffene eine dreiwöchige Unterbringung an. Während der Ferienzeiten, wenn Familien mit nichtbehinderten Geschwistern verreisen, sind die zwölf verfügbaren Plätze besonders nachgefragt.
Die Herausforderung für das Aegidius-Haus liegt in der Diskrepanz zwischen dem hohen Bedarf an Betreuungsplätzen und deren ungleichmäßiger Auslastung über das Jahr. Die Spitzenzeiten beschränken sich auf wenige Wochen, während die Fixkosten für Personal und Instandhaltung kontinuierlich anfallen. Diese finanzielle Schieflage führt zu einer durchschnittlichen Auslastung von nur fünfzig Prozent, was die wirtschaftliche Tragfähigkeit der Einrichtung gefährdet.
Die Pflegesätze, welche die Kostenträger bereitstellen, reichen nicht aus, um die tatsächlichen Kosten zu decken. Mit einem täglichen Höchstsatz von 390 Euro stehen den Ausgaben von etwa 550 Euro pro Tag gegenüber. Diese finanzielle Lücke ist kein isoliertes Problem des Aegidius-Hauses, sondern ein bundesweites Phänomen. Stephen Struwe-Ramoth, stellvertretender Vorstand der Trägerstiftung Hannoversche Kinderheilanstalt, betont die Bedeutung des Fortbestands der Einrichtung. Er weist darauf hin, dass die Finanzierung der Kurzzeitpflege in Deutschland derzeit nicht ausreichend ist, um solche Angebote aufrechtzuerhalten.
Deutliche Kritik vom SoVD
Der Sozialverband SOVD und der Verein „wir pflegen!“ äußern deutliche Kritik. Sie warnen vor den gravierenden Folgen einer möglichen Schließung des Pflegeheims für viele Familien. Christiane Hüppe, engagierte Mutter und Vorstandsmitglied, betont die Dringlichkeit der Situation. Dirk Swinke, Vorstandsvorsitzender des SoVD, hinterfragt die Unterstützung durch den Sozialminister und fordert mehr Angebote statt weniger. Er hat diesbezüglich Minister Andreas Philippi kontaktiert.
In Bezug auf die Einrichtung für behinderte Kinder, die von der Schließung bedroht ist, lehnt der Sozialminister die Kritik ab. Er verweist auf langjährige Hinweise seines Ministeriums bezüglich der unzureichenden Grundfinanzierung. Gleichzeitig berichtet er von intensiven Bemühungen um eine Lösung. Aktuell arbeitet sein Ministerium zusammen mit der Hausleitung, der Trägerstiftung und den Kassen an einem tragfähigen Konzept. Es wird über eine Kombination mit einer anderen Einrichtung nachgedacht, um eine bessere Auslastung zu erreichen. Details können noch nicht preisgegeben werden, aber der Betrieb ist bis Jahresende gesichert und es besteht Hoffnung für die Zukunft.
Titelbild: Aegidius-Haus / Foto: © Aegidius-Haus