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„Euthanasie“-Gedenkstätte Lüneburg: Menschen erzählen zur Gedenkfeier 2024

Lesedauer 2 Minuten

Bremen, 22.08.2024 (fs) – Am kommenden Sonntag, dem 25. August 2024, um 14 Uhr, öffnet die Euthanasie-Gedenkstätte Lüneburg ihre Türen für eine besondere Veranstaltung. Im Bildungszentrum des Alten Gärtnerhauses, auf dem Areal der Psychiatrischen Klinik Lüneburg, findet die jährliche Gedenkfeier statt. Unter dem Motto „Menschen erzählen“ sind Interessierte eingeladen, den Erzählungen von Menschen, die während der NS-Zeit wegen Behinderungen und psychischen Erkrankungen verfolgt und misshandelt wurden, zu lauschen. In einem einmaligen Akt der Erinnerungskultur werden 20 Interviews präsentiert. Diese umfassen Gespräche mit Angehörigen der Opfer und Täter sowie Zeitzeugen der Nachkriegspsychiatrie. Die Interviews werden sowohl in ihrer ungeschnittenen Originalfassung als auch in einer 15-minütigen Zusammenfassung gezeigt. Ausgewählte Ausschnitte dieser Interviews werden Teil der neuen Dauerausstellung der Gedenkstätte.

Die Praxis der „Oral History“, die mündliche Überlieferung von Geschichte durch Zeitzeugen, wurde lange Zeit in der Aufarbeitung der NS-Verbrechen vernachlässigt. Die Stimmen der Hinterbliebenen fanden keinen Eingang in die historische Aufarbeitung. Sie wurden nicht zu Ermittlungsverfahren hinzugezogen, nicht als Zeugen vor Gericht geladen und ihre Berichte wurden in der Forschung nicht gewürdigt. „Jahrzehntelang interessierte sich niemand für ihre Geschichten“, erklärt Dr. Carola Rudnick, die Leiterin der Gedenkstätte. Doch nun wird diesen Erzählungen Raum gegeben, um die Vergangenheit aufzuarbeiten und zu verstehen.

Innovatives Konzept der Vergangenheitsbewältigung

Seit mehr als einem Jahrzehnt verfolgt die Gedenkstätte Lüneburg einen innovativen Ansatz. Sie bemüht sich aktiv um die Kontaktaufnahme mit Angehörigen der Opfer und lädt diese ein, ihre Geschichten zu teilen. Mehr als fünfzig Tonaufnahmen und dreißig Videos dokumentieren bereits die persönlichen Erzählungen und Familiengeschichten, die von den Familien anvertraut wurden. Diese Aufzeichnungen dienen dazu, die Erinnerungen in den Worten der Betroffenen für die Nachwelt zu bewahren. Die Angehörigen treten vor die Kamera und teilen ihre Gefühle – von Zweifeln und Wut bis hin zu Erleichterung und Sorge. Ihre Aussagen sind nicht nur Zeugnisse der Vergangenheit, sondern auch ein Vermächtnis für die Zukunft. Vor allem aber geben sie den Menschen eine Stimme, die ihre Erfahrungen zum ersten Mal öffentlich machen.

In einem bemerkenswerten Projekt haben 47 Schülerinnen und Schüler der Lüneburger Pflegeschulen das umfangreiche Videomaterial gesichtet. Sie haben geholfen, diese filmischen Erzählungen zu erfassen, die wesentlichen Aussagen zu identifizieren und Zitate für die zukünftige Dauerausstellung herauszuarbeiten. Diese Ausstellung wird die Erinnerung an die Geschehnisse lebendig halten.

Die Video-Interviews wurden im Rahmen des Projekts „Und plötzlich war der Schatten weg“ realisiert. Dieses Projekt wurde von der Stiftung Niedersächsische Gedenkstätten, der VGH-Stiftung und der Sparkassenstiftung Lüneburg unterstützt. Die Euthanasie-Gedenkstätte Lüneburg wird bis August 2025 neu gestaltet. Sie findet ihren Platz im ehemaligen Badehaus und im Wasserturm der Psychiatrischen Klinik Lüneburg. Mit einem Budget von rund 1,5 Millionen Euro entsteht ein Dokumentationszentrum mit einer neuen Dauerausstellung. Im Fokus stehen die Verbrechen an Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen sowie an psychisch Kranken ausländischer Herkunft.

Die Gedenkfeier findet ihren Abschluss um 16 Uhr an der Gedenkstätte für die Opfer der NS-Psychiatrie auf dem Lüneburger Friedhof Nord-West. Dort wird der Toten in einer Zeremonie gedacht.


Titelbild: Filmarbeiten mit dem Zeitzeugen Walter Daps am 11.4.2024 / Foto: „Euthanasie“-Gedenkstätte Lüneburg / Yule von Hertel

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